Seit mehr als sieben Wochen sind Kindertagesstätten und Schulen nun schon geschlossen und die Familien seitdem unter sich. Die andauernden Ausgangsbeschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie treffen Kinder in besonderer Weise. Sie können weder Klassenkameraden, Freunde noch Großeltern treffen und müssen viel Zeit zuhause verbringen. Außerdem spüren viele von ihnen eine wachsende Unsicherheit, die sich unter ihren Eltern ausbreitet. Was macht das mit Kindern? „Die Ausgangsbeschränkungen konfrontieren Jungen und Mädchen mit ganz neuartigen Anforderungen, für die sie noch keine Routinen und Lösungsstrategien entwickelt haben. Genau wie Erwachsene können auch Kinder dies als Stress und Verunsicherung erleben und entsprechend reagieren“, erläutert Chris Wilhelm von der KJF Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung Lindau. Aggressionen oder Ängste gelten unter Experten als häufige Folgen. Was können Eltern tun?
Eltern sollten in diesen Tagen besonders achtsam sein, wenn ihr Kind Ängste, aggressive Verhaltensweisen, starke Stimmungsschwankungen, Schlaf- und Aufmerksamkeitsstörungen oder auch körperliche Symptome wie Bauch- und Kopfschmerzen zeigt, rät Chris Wilhelm. Auf Verunsicherung und Stress reagieren Kinder mit einem stärkeren Bedürfnis nach Bindung. Gerade bei kleineren Kindern werde das Bedürfnis nach Bindung zum überwiegenden Teil durch die Eltern gestillt, so die KJF Erziehungsberaterin. „Deshalb brauchen Kinder jetzt ganz besonders das Gefühl von Sicherheit, Kontakt, Nähe und Geborgenheit“, betont Chris Wilhelm.
Eltern können darauf relativ einfach in passender Weise reagieren. KJF Erziehungsberaterin Chris Wilhelm hat für Eltern in dieser belasteten Situation einige Tipps zusammengestellt.
Fünf Tipps, wie Sie Ihren Kindern in der Corona-Krise das Gefühl von Sicherheit geben:
- Finden Sie heraus, wie Sie trotz der schwierigen Situation Ihr eigenes Stressempfinden reduzieren können. Das ist die Voraussetzung, damit Eltern Stresssignale ihres Kindes frühzeitig erkennen und angemessen darauf reagieren können. Nehmen Sie sich beispielsweise kurze Auszeiten von einer halben Stunde oder Stunde, in der etwa Ihr Partner die Kinder nimmt. Sie werden sehen: Wenn es Ihnen gut geht, profitiert davon automatisch Ihr Kind.
- Nehmen Sie sich viel Zeit, den Kindern nahe zu sein und zu spüren, was in ihnen vorgeht oder was sie gerade brauchen. Nehmen Sie Ihre Kinder beispielsweise regelmäßig in den Arm, drücken sie diese und sagen, wie lieb Sie sie haben. Schenken Sie ihnen gerade jetzt besonders viel Nähe und Zuwendung.
Nicht mehr ganz so einfach ist das bei Teenagern, die sich sowieso oft zurückziehen und seltener die Nähe der Eltern suchen. Mindestens eine gemeinsame Mahlzeit am Tag kann ein guter Fixpunkt sein. Für die Planung und Zubereitung können die Jugendlichen (mit)verantwortlich sein. Zusätzlich sind für Jugendliche handwerkliche Projekte im Haus wie etwa Renovierungen und regelmäßiger Sport als Ausgleich zum Lernen am Schreibtisch sehr wichtig. Eltern sollten gerade auch mit ihren Teenagern das Gespräch suchen und Interesse an dem zeigen, womit diese sich gerade die Zeit vertreiben – auch wenn es der Elterngeneration nicht immer sinnvoll erscheint. - Rufen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind einfach mal den besten Freund, die Oma oder eine andere wichtige Bezugsperson an. So Zeigen Sie Ihrem Kind, dass die lieben Menschen im Umfeld alle noch da sind.
- Erklären Sie Ihrem Kind die Hintergründe der Kontaktbeschränkungen. Eine Situation, die das Kind verstehen kann, fühlt sich weniger beunruhigend an.
- Wann immer es Ihre Arbeitszeiten erlauben, geben Sie sich und Ihrem Kind eine der Situation angepasste Tagesstruktur. Auch feste Rituale stärken das Gefühl von Sicherheit und Orientierung aller Familienmitglieder. Starten Sie den Tag beispielsweise mit einem gemeinsamen Frühstück, danach basteln, lernen oder spielen Sie gemeinsam, bevor es zum Spaziergang nach draußen geht.
Für alle Menschen ist die aktuelle Situation eine große Herausforderung. Es kann sehr entlastend und hilfreich sein, wenn man mit anderen Familien, Freunden, Nachbarn darüber spricht – eine Erfahrung, die wir gerade alle machen. Ihren Kindern können Sie die beste Unterstützung geben, wenn Sie für sie da sind – mit Zeit, Geduld, einem offenen Ohr, Humor und Zuverlässigkeit.
Krisentelefon der KJF Kinder- und Jugendhilfe Lindau
Für Eltern und Kinder in schwierigen Situationen hat die KJF Kinder- und Jugendhilfe ihre Telefon- und Onlineberatung ausgeweitet. Das Angebot ist kostenlos. Eltern erreichen die Experten von Montag bis Freitag jeweils zwischen 09.00 und 12.00 Uhr sowie zwischen 13.00 und 15.00 Uhr unter Telefon 08382 4190 und E-Mail eb.lindau@kjf-kjh.de. Termine sind auch außerhalb der Zeiten möglich.
Zusätzlich kann auch die anonyme Onlineberatung unter www.caritas.de/onlineberatung genutzt werden.
Katholische Jugendfürsorge der Diözese Augsburg e.V. (KJF)
Die KJF Augsburg ist einer der größten Anbieter für Gesundheits-, Sozial- und Bildungsdienstleistungen in Bayern. Seit 1911 bietet das Sozialunternehmen vor allem Kindern, Jugendlichen und Familien mit rund 80 Einrichtungen und Diensten Lösungen für die verschiedensten individuellen Bedürfnisse an: in der Kinder- und Jugendhilfe mit Kindertagesstätten, Stationären Wohnformen oder Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung; in Berufsbildungs- und Jugendhilfezentren, durch Angebote für Beruf und Arbeit sowie Integrationsunternehmen und -dienste; in der Medizin mit mehreren Kliniken; in verschiedenen Schulen. Darüber hinaus bildet die KJF Augsburg kontinuierlich annähernd 500 Fachkräfte für soziale und medizinische Berufe aus.
Als christlicher Verband katholischer Prägung ist für die KJF und ihre rund 5.800 Mitarbeiter jeder Mensch wertvoll, unabhängig von Herkunft, Status, Religion oder Kulturkreis. Vorstandsvorsitzender ist Markus Mayer, Vorsitzender des Aufsichtsrates Domkapitular Armin Zürn.
Weitere Informationen zur KJF finden Sie unter www.kjf-augsburg.de. Aktuelle Videos gibt es im YouTube-Kanal auf www.youtube.com/kjfaugsburg.