Zentrum Leichte Sprache Allgäu eröffnet

In Kempten bietet das Zentrum Leichte Sprache Allgäu (ZLSA) ab sofort unterschiedliche Dienstleistungen rund um Leichte und Einfache Sprache an.
Florian Benz und Lea Solveigh Drewes sind die beiden Mitarbeiter des neuen Zentrum Leichte Sprache Allgäu, das heute in Kempten feierlich eröffnet wurde. Foto: KJF/Kathrin Ruf
27. September 2018

In Kempten wurde das Zentrum Leichte Sprache Allgäu (ZLSA) feierlich eröffnet. Das ZLSA bietet unterschiedliche Dienstleistungen rund um Leichte und Einfache Sprache an, neben Übersetzungen gehören auch Fortbildungen und Vorträge dazu. Mehr als 14 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung in Deutschland können höchstens einfache, aber keine zusammenhängenden Texte lesen. Besonders profitieren Menschen mit Lernschwierigkeiten, mit schlechten Deutschkenntnissen oder mit Legasthenie von Texten in Leichter Sprache.

Die Idee zur Gründung dieses neuen Zentrums entstand aus der konkreten Arbeit des Integrationsfachdienstes Schwaben, der Menschen mit Behinderung und Arbeitgeber bei der Suche nach einem sowie beim Erhalt eines Arbeitsplatzes unterstützt. Robert Neuhauser, Leiter des ifd, erklärt bei der feierlichen Eröffnung des ZLSA: „In der Arbeit des Integrationsfachdienstes Schwaben merken wir immer wieder, dass das Verstehen eine Schwierigkeit ist. Zum Beispiel bei Arbeitsanweisungen, im Kontakt mit den Kollegen oder in der Einarbeitung. Diese Erfahrung hat bei den beiden Kollegen, die jetzt auch das Team des ZLSA bilden, zu dem Interesse an der Schulung zum Übersetzer Leichte Sprache geführt.“

Lea Solveigh Drewes und Florian Benz sind die beiden Mitarbeiter des ZLSA vor Ort in Kempten. Die Entscheidung fiel für Kempten und den Raum Allgäu, weil es in der Region bisher kein Angebot zu diesem Thema gab. „Und natürlich waren hier die Kontakte der beiden Mitarbeiter, die für dieses Thema brennen, aufgrund ihrer Tätigkeit als Integrationsberater für den Integrationsfachdienst Schwaben schon vorhanden“, so Robert Neuhauser. 

„Wir nehmen aber auch überregional Aufträge an“, so Florian Benz, Sozialwirt und Übersetzer Leichte Sprache. „Zum Beispiel übersetzen wir gerade für die Bundesarbeitsgemeinschaft der Berufsbildungswerke in Berlin die Teilnehmervertretungsordnung.“ Für die Übersetzung des ZLSA fallen pro Normseite Kosten in Höhe von circa 120 Euro an. 

„Wir haben unser neues Angebot bewusst ‚Zentrum‘ genannt, weil wir uns daran beteiligen möchten, die Entwicklung dieses Themas weiter voranzutreiben und zu gestalten. Wir wollen mit Interessierten in einen Dialog treten. Unsere Angebote richten sich darum ganz bewusst an Firmen und Arbeitgeber, ebenso an Dienstleister, Ämter, Behörden, Schulen, Lehrer und alle, die sich dafür interessieren“, erklärt Lea Solveigh Drewes, Sozialpädagogin und Übersetzerin Leichte Sprache. „Wir arbeiten intensiv mit Menschen mit Behinderung zusammen. Diese sind auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig. Wir sind Experten für Arbeitsmaterialien und Methoden in Leichter und Einfacher Sprache. Zum Beispiel haben wir Materialien für Berufsorientierung in Leichter Sprache entwickelt.“

Was ist Leichte Sprache?

Leichte Sprache ist eine besondere Art, Sätze zu bauen. Formulierungen werden so gewählt, dass in jedem Satz nur eine Information enthalten ist. Das erleichtert das Textverständnis für Menschen mit geistiger Behinderung und Menschen, die nicht gut Deutsch können. Leichte Sprache ist also ein Hilfsmittel für Barrierefreiheit. Ein Text in Leichter Sprache darf nur dann als solcher bezeichnet werden, wenn ein zertifizierter Prüfer (eine Person mit einer geistigen Behinderung oder Lernbehinderung) die Formulierungen geprüft hat. Ohne diese Prüfung ist ein Text in leicht verständlicher Sprache verfasst – so die offizielle Bezeichnung.

Einfache Sprache bewegt sich zwischen der Standardsprache und Leichter Sprache und hat deshalb nicht so starre Regeln wie Leichte Sprache. Man benötigt nicht zwingend Bilder und Prüfer. Einfache Sprache wird oft bei Menschen verwendet, die gerade Deutsch lernen. Einfache Sprache kann aber auch in vielen anderen Bereichen Verwendung finden.

Eine eintägige Fortbildung zur Einführung in die Leichte Sprache führt das ZLSA am 16. Oktober 2018 in Memmingen durch. Weitere Infos sowie Anmeldung unter www.kjf-akademie.de.

Was macht ein Prüfer für Leichte Sprache?

Für das ZLSA sind eigene zertifizierte Prüfer mit Lernschwierigkeiten tätig, die an der Prüfer-Schulung teilnahmen. Sie lesen den vom Übersetzer für Leichte Sprache erstellten Text und überprüfen, ob er wirklich leicht zu verstehen ist, oder ob noch schwierige Wörter enthalten sind.

Prüfer können Menschen mit einer geistigen Behinderung oder Lernbehinderung sein. Es können aber auch Menschen mit Migrationshintergrund sein, die gerade Deutsch lernen oder Menschen die wieder Deutsch erlernen, zum Beispiel nach einem Schlaganfall.

Wie sieht ein Text in Leichter Sprache konkret aus? 

Text in normaler Sprache: „Subventionierte Mahlzeiten in der hauseigenen Kantine gehören zu den Leistungen, die die Firma seinen Mitarbeitern zusätzlich zum Gehalt anbietet.“

Übersetzung in Leichter Sprache:

Die Firma hat eine eigene Kantine.

In der Kantine gibt es Mittagessen.

Die Firma zahlt etwas für das Mittagessen.

Deshalb kostet das Mittagessen für die Mitarbeiter wenig.

Die Firma zahlt dem Mitarbeiter Geld für die Arbeit.

Und die Firma zahlt dem Mitarbeiter Geld für das Essen in der Kantine.

 

Alle Infos und Ansprechpartner unter

Zentrum Leichte Sprache Allgäu