„Mir reicht`s. Ich gehe!“ Laut knallt der 14-jährige Philipp die Tür hinter sich zu und lässt seine Mutter ratlos zurück – Konflikte im Familienalltag, wie sie viele kennen. Sie kosten Kraft und Nerven und enden nicht immer mit einer friedlichen Lösung. Schon seit Jahren finden Eltern, Kinder und Jugendliche mit ihren Anliegen Beratung und Hilfe in der KJF Erziehungs-, Jugend- und Familienberatungsstelle Sonthofen, die seit einigen Monaten vom Diplom-Psychologen Michael Leicht geleitet wird.
„Es ist wichtig, dass Familien das Angebot unserer Beratungsstelle kennen und es bei Bedarf gerne in Anspruch nehmen können“, sagt Leicht. Seit fast 40 Jahren gebe es die Sonthofer Beratungsstelle der Katholischen Jugendfürsorge (KJF) schon. In den vergangenen 25 Jahren habe sich die Anzahl der Beratungsgespräche verdoppelt. „Das liegt nicht in erster Linie daran, dass die Probleme mehr geworden sind, vielmehr hat die Bereitschaft zugenommen, fachliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen.“ Über 300 Familien suchen heute in der Bismarckstraße jährlich das Gespräch und professionelle Hilfe.
Dabei finden viele Eltern und Jugendliche auf eigene Initiative den Weg in die Beratungsstelle. Manche von ihnen kommen auf Empfehlung von Lehren, Ärzten, pädagogischen Fachkräften oder Bekannten. Die sich ständig verändernden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen würden immer neue Herausforderungen für das familiäre Zusammenleben schaffen, so Leicht. „Dabei haben wir es mit allen möglichen familiären Konstellationen zu tun.“ Das Angebot der Beratungsstelle bezieht sich unter anderem auf Fragen zur kindlichen Entwicklung und Erziehung, auf Fragen zu elterlicher Trennung und Scheidung sowie auf Probleme Jugendlicher im Elternhaus, in der Schule und im Freundeskreis. Bei Bedarf ist auch eine testdiagnostische Untersuchung möglich: So können bei Verdacht zum Beispiel Teilleistungsstörungen wie Legasthenie oder Dyskalkulie abgeklärt werden.
Im Beratungsteam arbeiten Fachkräfte mit psychologischer und pädagogischer Berufsausbildung und unterschiedlichen therapeutischen Zusatzqualifikationen. „In unserer Arbeit verstehen wir uns auch als Netzwerker“, erklärt der Leiter der Beratungsstelle. „Es ist uns wichtig, nicht nur Symptome zu therapieren, sondern das gesamte Umfeld wie Elternhaus, Freundeskreis und Schule mit einzubeziehen.“ Das Angebot ist für die Ratsuchenden kostenlos, unterliegt der Schweigepflicht und ist unabhängig von Religion und Weltanschauung. „Eine wichtige Aufgabe ist auch die präventive Arbeit“, erklärt Leicht. „Wir organisieren Elternabende an Kindergärten oder Schulen, beteiligen uns an Arbeitskreisen oder veranstalten Vorträge über fachliche Themen.“
Der neue Leiter der Psychologischen Beratungsstelle Sonthofen, der schon seit mehr als fünf Jahren in der Beratung tätig ist, ist motiviert für seine neue Aufgabe. „Mich begeistert die Vielfalt menschlicher Lebensweisen, die ich in meinem Beruf kennenlerne. Was manche Familien zu leisten imstande sind, ist unglaublich. Wenn es mir gelingt, Menschen in schwierigen Situationen zu begleiten und wieder miteinander in Dialog zu bringen, erlebe ich das als sehr sinnhafte berufliche Aufgabe.“