„Kein Bock“: Das hören Eltern von pubertierenden Kindern häufig. Oft sind sie dann selbst genervt von ihrem Nachwuchs, der mitunter gar nichts auf die Reihe zu bekommen scheint. Auf nichts Lust zu haben, ist für Jugendliche in der Pubertät aber ganz normal. Das antriebslose Verhalten hängt mit hormonellen Umstellungen im Körper zusammen. Zusätzlich kommt es im Gehirn der Heranwachsenden zu umfangreichen Veränderungen. Diese Baustellen im Körper kosten Energie. Eltern bemerken dies zum Beispiel in Form eines erhöhten Schlafbedürfnisses und eines veränderten Schlafrhythmus der Jugendlichen. Pubertierende sind sehr viel müder als Erwachsene und brauchen mehr Zeit und Ruhe. Dieses Bedürfnis äußert sich nicht selten in einer „Kein-Bock“-Reaktion.
„Für Eltern ist es nicht immer leicht, mit der Antriebslosigkeit ihrer Kinder umzugehen. Abfallende Schulleistung, unerledigte Aufgaben im Haushalt und wenig Eigenverantwortung sind häufig Streit-Themen“, sagt Martina Kokorsch von der KJF Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung Kaufbeuren. „Für die Jugendlichen sind Eltern eine wichtige Stütze und bieten Orientierung. Daher ist eine vertrauensvolle Beziehung zu empfehlen. Anerkennung über Gelungenes, Mithilfe, das Pflegen von Hobbys oder die Bereitschaft für eine gemeinsame Unternehmung – es gibt sicher etwas, für das Jugendliche wertgeschätzt werden können.“
„Auch Lebensfragen wie ‚Wer bin ich?‘ und ‚Wie will ich sein?‘ oder ‚Wie komme ich bei anderen an?‘ können viel Energie binden – vielleicht mehr denn je. Als Eltern können wir dabei nur bedingt helfen“, sagt Elisabeth Frank-Keller von der KJF Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung Ostallgäu. Die Erziehungsberaterin rät: „Steigen Sie nicht in Machtkämpfe ein, sondern versuchen Sie, zu verstehen, was Ihr Kind umtreibt. Sie können außerdem den Selbstwert des Kindes stabilisieren, indem Sie besonders darauf achten, was ihr oder ihm gelingt.“ Auch der Blick in die eigene Teenie-Zeit helfe, Situationen zu relativieren, statt überhöhte Forderungen zu stellen, so Elisabeth Frank-Keller.
So können Eltern reagieren:
- Gemeinsam Lösungen finden: Oft möchten Jugendliche selbst etwas gegen ihre mangelnde Motivation tun und haben gute Ideen, was ihnen helfen würde. In einem Moment, in dem kein Streit herrscht, können Eltern das Gespräch suchen und Lösungen besprechen. Mütter und Väter können zum Beispiel bei unerledigten Aufgaben mit dem Nachwuchs vereinbaren, dass Erinnerungen an diese keine Kontrolle, sondern eine Hilfestellung sind und besprechen, wie dies möglichst reibungsfrei ablaufen kann.
- Vorwürfe vermeiden: Mit vorwurfsvollen Kommentaren sollten Eltern vorsichtig sein. Abwertende Aussagen führen meist dazu, dass Jugendliche noch demotivierter werden oder eine Abwehrhaltung einnehmen.
- Vertrauen haben: Eltern fällt es oft schwer, die Antriebslosigkeit des Nachwuchses gelassen zu nehmen. Erinnern sie sich aber an ihre eigene Pubertät zurück, erkennen sie oft, dass ihr Kind nicht anders oder schlimmer ist, als sie es selbst waren. Es hilft, wenn Eltern darauf vertrauen, dass ihr Kind die Fähigkeiten hat, sich weiterzuentwickeln.
- Auf Warnzeichen achten: Die Antriebslosigkeit überschreitet ein natürliches oder vertretbares Maß, wenn sich Heranwachsende sozial isolieren und sich zum Beispiel von Freunden oder Interessen, die sie früher begeistert haben, abwenden. Auch wenn sie über einen längeren Zeitraum keinerlei Freude mehr an Aktivitäten zeigen, sondern nur noch niedergeschlagen sind, sollten Eltern aufhorchen. Weitere Warnsignale sind ein deutlicher schulischer Leistungsabfall, ein stark verändertes Essverhalten oder Selbstverletzungen. In diesen Fällen sollten Eltern aufmerksam werden und sich professionelle Hilfe suchen, zum Beispiel bei Ärzt*innen oder Therapeut*innen für Kinder und Jugendliche oder der KJF Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung.
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