„Man erwartet im Moment sehr viel von Jugendlichen“, sagt Martina Kokorsch von der KJF Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung Kaufbeuren. So sollen sie zum Beispiel beim Lernen des Schulstoffs möglichst selbstständig sein und die andauernden Kontaktbeschränkungen vorbildlich einhalten. „Dabei leiden gerade Jugendliche besonders darunter, dass sie sich nicht mit ihren Freunden treffen können“, erklärt Martina Kokorsch. Während für die kleineren Kinder die Spielplätze wieder geöffnet wurden, sind wichtige Treffpunkte für Heranwachsende wie Jugendzentren und Sportvereine weiterhin geschlossen.
„Teenager beziehen ihr Glück und ihre Zufriedenheit vor allem aus der sozialen Bezugsgruppe der Gleichaltrigen, auch Peergroup genannt“, erklärt die KJF Erziehungsberaterin. „Jüngeren Kindern vermittelt die Anwesenheit der Eltern Geborgenheit. Auch Jugendliche wünschen sich natürlich ein sicheres, entspanntes Zuhause. Sie sind aber gleichzeitig dabei, sich abzulösen und selbstständiger zu werden. Jetzt viel Zeit gezwungenermaßen nur mit der Familie, ohne andere Kontakte, zu verbringen, kann sehr belastend für sie sein.“
In den Beratungen, die in den vergangenen Wochen per Telefon stattfanden, hat Martina Kokorsch häufig gehört, dass es den Jugendlichen außerdem schwerfällt, sich ohne die Klassengemeinschaft fürs Lernen zu motivieren. Für Eltern sei es oft schwierig, hier zu unterstützen, denn die Kommunikation zur Schule laufe in den höheren Klassenstufen oft über eine Datencloud und zwischen Lehrern und Schülern direkt und eben nicht, wie bei den Grundschülern, über die Eltern. Trotzdem bräuchten aber auch Teenager laut der Erziehungsberaterin Unterstützung bei der Kommunikation und der selbstständigen Zeiteinteilung. „Viele von ihnen haben zum Beispiel noch nie eine E-Mail an ihren Lehrer geschrieben“, so Martina Kokorsch. „Das alles ist eine echte Herausforderung und eigentlich gebührt den Jugendlichen eine große Anerkennung dafür, wie sie die momentane Situation meistern.“
Folgende fünf Tipps hat die KJF Erziehungsberaterin für Eltern von Teenagern:
- Bleiben Sie mit Ihren jugendlichen Kindern im Gespräch und kommen Sie zumindest einmal am Tag als Familie, zum Beispiel beim Abendessen, zusammen. Berichten Sie sich gegenseitig von Ihren Plänen für diesen oder den nächsten Tag. Alle sollten Wünsche und Erwartungen äußern können. Eltern sollten deutlich Interesse an den Themen äußern, mit denen die Jugendlichen sich beschäftigen. Auf diese Weise holen sie die Kinder mit ins Boot.
Gerade weil jetzt alle viel mehr zu Hause sind, fällt dort mehr Arbeit an. Teenager können für viele Bereiche Verantwortung übernehmen, etwa für Essensplanung, Einkauf, Putzen oder den Garten. Wichtig ist es dabei, nicht nur reine Arbeitsaufträge an die Jugendlichen zu verteilen, sondern diese eigenverantwortlich handeln zu lassen. - Sprechen Sie in Ruhe über die geltenden Kontaktbeschränkungen. Eltern sollten klären, dass nicht sie ihre Heranwachsenden maßregeln wollen, sondern dass die Politik diese Regeln vorgibt und deren Einhaltung überprüfen lässt. In diesem Zusammenhang sollten Eltern auch die möglichen Konsequenzen ansprechen. Wenn sich Jugendliche weiterhin in Gruppen im Park oder am Sportplatz treffen und dabei von der Polizei erwischt werden, sind Bußgelder fällig. Diese müssen im Ernstfall von den Jugendlichen auch selbst bezahlt werden.
- Helfen Sie Ihrem jugendlichen Sohn oder Ihrer Tochter, kreativ zu werden: Treffen zu zweit im Freien sind erlaubt. Teenager können zum Beispiel zu zweit eine Fahrradtour machen oder sich zum Sporttreiben draußen verabreden.
- Akzeptieren Sie, dass Jugendliche viel Zeit in ihrem Zimmer abhängen. Auch wenn es nervt, sie vermeintlich untätig rumsitzen zu sehen. Wenn sie sich darüber hinaus an die getroffenen Absprachen halten und ihre Aufgaben erledigen, ist das völlig in Ordnung.
- Haben Sie das Gefühl, Ihr Kind leidet oder zieht sich zurück? Dann sollten Sie es direkt darauf ansprechen, zum Beispiel: „Ich habe das Gefühl, dir geht es nicht gut. Magst du mir erzählen, was dich beschäftigt?“ Manche Jugendliche öffnen sich vielleicht eher, wenn man sich abends gemeinsam eine Serie oder einen Film anschaut, am Wochenende einen Spaziergang oder eine Wanderung unternimmt oder vielleicht zu zweit im Auto unterwegs ist.
Gut zu wissen: Wenn Eltern mit ihren Jugendlichen überhaupt nicht mehr ins Gespräch kommen oder die Situation zu Hause festgefahren scheint, helfen die Beraterinnen und Berater der KJF Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung weiter. Ab sofort sind auch wieder – unter Einhaltung entsprechender Abstands- und Hygiene-Regeln – persönliche Beratungstermine vor Ort möglich.
Kontakt zur KJF Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung: Baumgarten 18, 87600 Kaufbeuren, Telefon 08341 90240, E-Mail eb.kaufbeuren@kjf-kjh.de. Mit Außenstelle in Buchloe. www.kjf-kinder-jugendhilfe.de/erziehungsberatung
Info: Mehr Erziehungstipps, Video-Reportagen und Experten-Tipps rund um Themen des Familienalltags liefert jeden Monat neu „Familie & Co“. Die Sendung ist eine Kooperation zwischen dem Fernsehsender allgäu.tv und der KJF Augsburg. Die aktuelle sowie alle bisherigen Sendungen finden Sie jederzeit online unter www.youtube.com/KJFAugsburg oder unter www.allgäu.tv/mediathek/
Katholische Jugendfürsorge der Diözese Augsburg e.V. (KJF)
Die KJF Augsburg ist einer der größten Anbieter für Gesundheits-, Sozial- und Bildungsdienstleistungen in Bayern. Seit 1911 bietet das Sozialunternehmen vor allem Kindern, Jugendlichen und Familien mit rund 80 Einrichtungen und Diensten Lösungen für die verschiedensten individuellen Bedürfnisse an: in der Kinder- und Jugendhilfe mit Kindertagesstätten, Stationären Wohnformen oder Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung; in Berufsbildungs- und Jugendhilfezentren, durch Angebote für Beruf und Arbeit sowie Integrationsunternehmen und -dienste; in der Medizin mit mehreren Kliniken; in verschiedenen Schulen. Darüber hinaus bildet die KJF Augsburg kontinuierlich annähernd 500 Fachkräfte für soziale und medizinische Berufe aus.
Als christlicher Verband katholischer Prägung ist für die KJF und ihre rund 5.800 Mitarbeiter jeder Mensch wertvoll, unabhängig von Herkunft, Status, Religion oder Kulturkreis. Vorstandsvorsitzender ist Markus Mayer, Vorsitzender des Aufsichtsrates Domkapitular Armin Zürn.
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