Das erste Wochenende mit Ausgangsbeschränkungen hat gezeigt, wie Familienleben in den nächsten Wochen aussehen wird: Kinder und Jugendliche bleiben zu Hause, Sport und Vereinsleben stehen still, Mütter und Väter arbeiten weniger oder ebenfalls von zu Hause aus. Im ersten Moment könnte man meinen, dass viele Familien angesichts weniger Termine aufatmen. Doch genau das Gegenteil ist oft der Fall. „Der Wegfall von Routinen wirkt meist belastend und nicht entlastend“, weiß Antje Werner von der KJF Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung Dillingen.
Der Grund: Gewohnte Abläufe geben uns Menschen Sicherheit und sind gleichsam Energiequellen im Alltag. „Soziale Begegnungen und Hobbys verleihen Bestätigung und Kraft, die wir zur Bewältigung von Anforderungen und Aufgaben benötigen“, sagt Antje Werner. Dazu kommen aktuell Gefühle von Hilflosigkeit und Angst – bei Jugendlichen, deren Freiheitsverlangen gerade massiv eingeschränkt wird, und bei Eltern, die sich Sorgen um Gesundheit und Existenz machen.
Die KJF-Experten lassen Eltern in dieser Situation nicht allein. Für Rat suchende Eltern und Kinder hat die KJF Kinder- und Jugendhilfe Dillingen ihre Telefon- und Online-Beratung ausgeweitet (siehe Infokasten). Die Leserinnen und Leser unserer Zeitung erhalten von Antje Werner ein Paket mit praktischen Tipps, um den Familienfrieden zu Hause zu unterstützen – selbst auf engstem Raum.
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Routinen pflegen Behalten Sie bestehende Routinen bei, wie zum Beispiel feste gemeinsame Essenszeiten, denn Gewohntes stärkt das Gefühl von Sicherheit. Schaffen Sie neue Routinen durch eine klare Tagesstruktur mit Zeiten für die Beschäftigung mit digitalisiertem Lernstoff, für eine Kissenschlacht oder den Bau eines Möbelparcours etc.
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Zeit teilen Nutzen Sie die Chance größerer Zeitressourcen fürs familiäre Zusammensein: Spieleabende, Heimkino, gemeinsame Projekte im Garten oder beim Fahrradschrauben.
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Ruhe bewahren Nachrichten und Fake News erhöhen die Gefahr, dass wir hektisch und negativistisch reagieren. Machen Sie sich bewusst, was alles gut funktioniert: die Familie hält zusammen, die Kinder helfen, wo sie können.
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Nachsicht üben Wenn bei einem selbst und bei den anderen Familienmitgliedern die Nerven blank liegen, drücken Sie einen inneren Pausenknopf und gehen lieber für zehn Minuten in ein anderes Zimmer. Einem möglichen Streit über Erziehungsfragen beugt eine klare Rollenverteilung vor: „Ich beschränke die Bildschirmzeit und du achtest auf Einhaltung der Lernziele in Mathe.“
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Hilfsprojekte starten Jetzt besteht die besondere Möglichkeit, Kindern und Jugendlichen die Wichtigkeit von Hilfsverhalten zu vermitteln. Der Nachwuchs kann beispielsweise Großeltern oder älteren, allein lebenden Nachbarn den Einkauf vorbeibringen. Die Kids erfahren dadurch Selbstwirksamkeit und wachsen durch die Übernahme von Verantwortung.
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Lob aussprechen Wird oft vergessen, ist aber in Zeiten von Belastung besonders wichtig: Loben Sie Ihre Familienmitglieder und sprechen Sie Anerkennung für konkrete Dinge aus. Beispiel: „Ich habe bemerkt, dass du die Oma heute schon zwei Mal angerufen hast, damit sie nicht einsam ist. Ich bin stolz auf dich.“
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Digitalisierung anerkennen Die Affinität der Kinder und Jugendlichen zu den sozialen Medien sollte gerade jetzt Anerkennung und Zulassung finden, insbesondere wenn sie zur Aufrechterhaltung der Kommunikation und der Unterstützung innerhalb und außerhalb der Familie dient.
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Beziehungen pflegen Machen Sie sich als Familie statt eines „Adventskalenders“ einen Kalender und legen Sie darin fest, wer an welchem Tag bis Ostern jemanden aus dem weiteren Familien- oder Freundeskreis anruft. Jeden Tag ist ein anderer an der Reihe.
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Rückzug ermöglichen Kleine, aber sichere Rückzugsmöglichkeiten sind während der Ausgangsbeschränkungen besonders wichtig. Kinder und Jugendliche müssen sicher sein können, dass Eltern sie auch über mehrere Stunden hinweg im Zimmer in Ruhe lassen und nicht einfach hineinplatzen.
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Zukunft entwerfen Blicken Sie als Familie immer wieder mal in die Zukunft, in der sich die Dinge wieder normalisiert haben. Sie können im familiären Kreis besprechen, was Sie schon immer mal zusammen unternehmen wollten, oder wohin die nächste Urlaubsreise hingehen soll etc.
Krisentelefon der KJF Kinder- und Jugendhilfe Dillingen
Für Eltern und Kinder in schwierigen Situationen weitet die KJF Kinder- und Jugendhilfe Dillingen ihre Telefon- und Onlineberatung aus. Das Angebot ist kostenlos. Eltern erreichen die Experten von Montag bis Donnerstag jeweils zwischen 9.00 und 12.00 Uhr sowie zwischen 13.00 und 16.00 Uhr unter Tel. 09071/770390 und E-Mail eb.dillingen@kjf-kjh.de. Termine sind auch außerhalb dieser Zeiten möglich.
Katholische Jugendfürsorge der Diözese Augsburg e.V. (KJF)
Die KJF Augsburg ist einer der größten Anbieter für Gesundheits-, Sozial- und Bildungsdienstleistungen in Bayern. Seit 1911 bietet das Sozialunternehmen vor allem Kindern, Jugendlichen und Familien mit rund 80 Einrichtungen und Diensten Lösungen für die verschiedensten individuellen Bedürfnisse an: in der Kinder- und Jugendhilfe mit Kindertagesstätten, Stationären Wohnformen oder Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung; in Berufsbildungs- und Jugendhilfezentren, durch Angebote für Beruf und Arbeit sowie Integrationsunternehmen und -dienste; in der Medizin mit mehreren Kliniken; in verschiedenen Schulen. Darüber hinaus bildet die KJF Augsburg kontinuierlich annähernd 500 Fachkräfte für soziale und medizinische Berufe aus.
Als christlicher Verband katholischer Prägung ist für die KJF und ihre rund 5.800 Mitarbeiter jeder Mensch wertvoll, unabhängig von Herkunft, Status, Religion oder Kulturkreis. Vorstandsvorsitzender ist Markus Mayer, Vorsitzender des Aufsichtsrates Domkapitular Armin Zürn.
Weitere Informationen zur KJF finden Sie unter www.kjf-augsburg.de. Aktuelle Videos gibt es im YouTube-Kanal auf www.youtube.com/kjfaugsburg.